Donnerstag, 24. November 2022

Gelesen: "Vergiss kein einziges Wort" von Dörthe Binkert

 



Titel: Vergiss kein einziges Wort
Autorin: Dörthe Binkert

Taschenbuch
Preis: 14,90 € [D], 15,40 € [AT]
ISBN: 978-3-423-26280-4
Erscheinungsdatum: 13.11.2020
672 Seiten

eBook
Preis: 12,99 € [D]
ISBN: 978-3-423-43469-0
368 Seiten
Erscheinungsdatum: 21.09.2018


Klappentext:
In den Geschichten von Martha, Maria und Magda im schlesischen Gleiwitz spiegelt sich die Geschichte einer Grenzregion wider: die Geschicke von Deutschen, Polen und Tschechen, Christen und Juden, die liebten und hassten, Familien gründeten und einander verließen, vertrieben wurden und sich wiederbegegneten. Gekonnt spannt Dörthe Binkert den großen Bogen von den 20er- bis zu den ausgehenden 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Mit viel Gespür und noch mehr Herzblut zeichnet sie das Porträt einer Zeit und einer Region, in der Freude und Leid nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt waren.

Meine Meinung:
Also der Klappentext ist mal wieder etwas unpassend. Tschechen spielen in diesem Roman kaum eine Rolle. Und es geht um viel mehr Frauen als nur um Martha, Maria und Magda. Auch Agnes, Luise, Hedwig, Klara, Ida, Paulina und andere erleben Liebe, Freundschaft, Trauer, Drama, Leid, Not usw.
Den Titel verstehe ich nicht. Im ganzen Buch sagt niemand "Vergiss kein einziges Wort" zu irgendwem.

Etwas verwirrend fand ich, dass Martha eine geborene Wieczorek ist und später in der Wohnung eine Familie Wiczerek wohnt. Wenn man als Autorin so ähnliche Namen wählt, dann sollte geklärt werden, ob das nun Zufall ist oder ob mehr dahinter steckt. Andererseits gibt es im Text immer wieder unnötige Wiederholungen. Insgesamt finde ich den Roman sprachlich aber sehr gelungen.
Gut finde ich die ausführliche Zeittafel im Anhang des Romans. Dort kann man entweder während der Lektüre immer wieder nachschlagen oder man liest es sich vorher oder hinterher in einem Rutsch durch.

Ich habe dieses Buch gelesen, weil ein Teil meiner Familie auch aus Oberschlesien stammt und ich zwar schon eine Menge historischer Romane gelesen habe, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielen, aber da war der Schauplatz Berlin, Hamburg, Augsburg, Stuttgart oder Frankfurt am Main, also Städte, die vor und nach dem Krieg zu Deutschland gehört haben. Aber dieser Roman hier spielt nun in Oberschlesien, das in den letzten Jahrhunderten immer wieder hart umkämpft wurde und dessen Grenzen immer wieder hin und her geschoben wurden. Was das mit den Menschen dort macht, was sie als Heimat empfinden und welche Nationalität und Identität sie haben, ist sehr interessant. Dieser Roman konnte mir die Konflikte der Menschen untereinander, das Lebensgefühl und den Alltag in dieser Region näher bringen. Mein Bild, das sich vorher hauptsächlich aus Erzählungen meiner Eltern zusammensetzte, wird dadurch bunter, erhält mehr Dimensionen.
Da ist es auch nicht so schlimm, dass die Handlung eigentlich nichts Neues erzählt. Es gibt den ewigen Konflikt zwischen dem einen Bruder, der Nazi ist und dem anderen, der eine Polin heiratet, eine Schwester, die eine Jüdin liebt, eine weitere Schwester, die einen verheirateten Mann liebt, eine uneheliche, ungeplante Schwangerschaft, prügelnde Ehemänner, betende Ehefrauen, die ewige Konkurrenz zwischen Katholiken und Protestanten usw. Immer, wenn die Geschichte eigentlich dramatisch werden müsste, wurde die Erzählung merkwürdig distanziert. Dennoch wird sehr deutlich, dass alle Armeen und Regierungen/Verwaltungen die "feindliche" Bevölkerung immer übel drangsaliert haben. Und dass Neid, Abgrenzung "Wir gegen die anderen", Rachsucht und das Abschieben von Verantwortung "Die anderen sind schuld!" die Wurzel allen Übels sind. Die Welt könnte so ein schöner Ort sein, wenn die Menschen endlich aufhören würden, gegeneinander zu kämpfen, sondern stattdessen an einem Strang ziehen. Wenn man sich gegenseitig hilft, wird doch allen geholfen. Stattdessen wird auf Patriarchat und Kapitalismus gesetzt, Menschen werden ausgebeutet, bis sie rebellieren. Allerdings flieht doch niemand aus seiner Heimat, um sich woanders zu bereichern, worauf die Autorin übrigens auch am Ende ihrer Danksagung hinweist.

Tipp:
Die ersten 17 Seiten gibt es als kostenlose Leseprobe.

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