Montag, 11. September 2023

Hörspiel: "Vom Wind verweht - Die Prissy Edition" von Margaret Mitchell und Amina Eisner

 




Titel: Vom Wind verweht - Die Prissy Edition
Autorinnen: Margaret Mitchell und Amina Eisner
Verlag: Der Hörverlag
Preis: 30,00 € [D], 30,00 € [A], CHF 42,50
Hörbuch CD
8 CDs
Laufzeit: ca. 8h 10min
ISBN: 978-3-8445-4426-8
Erschienen am 14. September 2022


Klappentext:
Sie ist eine der bekanntesten, widersprüchlichsten und stärksten Frauenfiguren des 20. Jahrhunderts: Scarlett O’Hara, Heldin eines weltberühmten Romans und Films. Wie kann ihre Geschichte heute erzählt werden? An Scarletts Seite steht eine Persönlichkeit, die die Brüche der Zeit spürbar macht: Prissy. Als Sklavin und Dienstmädchen eigentlich Nebenfigur, sind sie und ihre Nachfahren in diesem Hörspiel Hauptfiguren, deren Erfahrungen bis ins heutige Berlin weiterverfolgt werden. Denn die eine Geschichte kann nicht ohne die andere erzählt werden. Während wir mit Scarlett mitfiebern, lässt uns Prissy in die Untiefen von Ungleichheit, Unrecht und Unterdrückung blicken, die die USA und die Welt bis heute prägen. Scarlett und Prissy, diese starken, unbeugsamen Frauen, ziehen uns in ihren Bann.

Vorbemerkung zum Roman/Film:
Ich liebe "Vom Winde verweht" sehr, den Film habe ich schon mindestens zehnmal gesehen und das Buch habe ich vor vielen Jahren gelesen. Ich bewundere Scarlett, weil sie von Anfang an eine Rebellin ist. Sie nörgelt an den ganzen sinnlosen Vorschriften herum: Welches Kleid sie wann anziehen darf, dass eine Frau einem Mann keinen Antrag machen darf, dass sie nicht selbst entscheiden darf, wie lange sie Trauer empfindet usw. Alle anderen scheinen die Regeln der damaligen Gesellschaft zu akzeptieren bis auf Rhett, den sie deshalb interessant findet. Ich mag sehr, wie pragmatisch Scarlett ist, meine Lieblingsstelle ist die, als sie ein Kleid braucht und ihr Blick auf die alten Vorhänge fällt. Sie hat Upcycling gemacht! Sie ackert auf dem Feld, sie versucht Geld aufzutreiben und heiratet als Mittel zum Zweck noch einen Mann, den sie nicht liebt. Sie boxt sich und ihre Familie durch. Sehr rührend finde ich, wie sie sich um Melanie kümmert, obwohl sie sie eigentlich zu hassen glaubt, aber Ashley hat sie halt drum gebeten und ihm zuliebe kümmert sie sich sogar um ihre "Feindin" als Beweis ihrer angeblichen Liebe. Ich glaube gar nicht, dass sie Ashley liebt. Ich glaube, sie wurde als Mädchen zu sehr verwöhnt, ihr war langweilig und da alle anderen Männer um sie geworben haben, wollte sie natürlich den einen haben, den sie nicht haben konnte. Warum sollte sie einen Mann begehren, der ihr schon die Tür einrennt? Interessanter ist doch der, um den sie sich bemühen muss. Aber Liebe ist das nicht und das findet sie ja auch später heraus. Mies finde ich, dass Rhett sie immer wieder in Situationen bringt, in denen sie gegen die Regeln verstoßen soll und als sie endlich nachgibt und mit ihm zusammen gegen die Welt rebelliert, ändert er plötzlich seine Meinung und biedert sich der feinen Gesellschaft an. Angeblich geht es dabei um die Zukunft ihres Kindes, aber ich habe das Gefühl, dass Rhett nie zufrieden ist, sondern immer wieder neue Kampfschauplätze sucht, auf denen er sich austoben kann. Das, was er haben kann, will er nicht. Deshalb geht er am Ende auch. Ich mag den Film auch sehr, weil es einfach ein Meisterwerk ist. Die Bilder, die Kostüme, die Darsteller sind so wunderbar. Aber die deutsche Synchronisation ist leider schlimm. Da gibt es die Stelle, als der kleine Junge sagt: "Warum soll ich denn ins Bett, es ist doch schon Morgen?" und sein Papa sagt: "Nein, es ist noch nicht Morgen." Aber am Fenster sieht man, dass die Sonne scheint. Im Original ist es ein Wortspiel mit "morning" und "mourning", also "Morgen" und "Trauer".

Meine Meinung zum Hörspiel:
Über diese Produktion bin ich ganz zufällig gestolpert. Der Zusatz "Die Prissy-Edition" hat mich neugierig gemacht. Zunächst habe ich nach einer englischen Version gesucht, aber das Hörspiel scheint nur auf deutsch entwickelt worden zu sein. Okay, hörte ich es halt auf deutsch. 
Es gibt zwei Erzählebenen: einerseits die Geschichte von Scarlett inklusive der Anmerkungen von Prissy, Mammy und anderen, andererseits die Gegenwart in Berlin mit den Nachfahren von Prissy. Die Idee finde ich großartig, aber da hätte man noch viel mehr draus machen können. Wenn Prissy und Mammy zu Wort kommen, reden sie immer nur über Scarlett und die Weißen allgemein, aber man erfährt nichts aus ihrem eigenen Erleben, ihren Gefühlen und von ihrem Alltag. Wie haben sie diese Zeit erlebt? Wie haben sie gelebt? Worunter haben sie gelitten? Was hat sich durch die Abschaffung der Sklaverei für sie verändert? Da hätte ich mir noch viel mehr Einblicke gewünscht. Trotzdem ist das Hörspiel eine gute Gelegenheit, die Geschichte von Scarlett, Rhett, Melanie und Ashley mal wieder zu hören. Das Interessante ist, dass ich jedesmal eine andere Meinung zu der Geschichte habe. Ganz früher fand ich Scarlett raffiniert, dann fand ich sie egoistisch und böse, dann stark und patent. Melanie fand ich früher naiv und langweilig, später lieb und gütig, inzwischen finde ich sie stark und klug. Heute denke ich auch, dass Scarlett am Ende doch einfach nach Tara gehen und sich um sich selbst und um ihre Kinder kümmern sollte.
Das Hörspiel ist aber vor allem ein guter Anlass, über den Rassismus in Vergangenheit und Gegenwart in unserer Welt nachzudenken. Wir müssen Menschen zuhören, die Rassismus erleben. Wir müssen eingreifen, wenn wir Rassismus beobachten. Wenn Ihr Buchtipps dafür sucht, dann schaut mal, was ich 2021 so gelesen habe, da stand mein Lesejahr unter dem Motto, diverser zu lesen.

Tipp:
Es gibt eine kostenlose Hörprobe.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für Deine Nachricht!

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...