Coverbild freundlicherweise von Verlag zur Verfügung gestellt
Autorin: Linda Winterberg
Titel: Aufbruch in ein neues Leben
Titel: Aufbruch in ein neues Leben
Reihe: Die Hebammen-Saga, Band 1
400 Seiten
Aufbau Verlag
400 Seiten
Aufbau Verlag
Taschenbuch
Preis: 12,99 € (D), 13,40 € (A)
ISBN:9783746635460
Erscheinungsdatum:12.07.2019
Preis: 12,99 € (D), 13,40 € (A)
ISBN:9783746635460
Erscheinungsdatum:12.07.2019
Klappentext:
Berlin 1917: Edith, Margot und Luise könnten unterschiedlicher nicht sein, als sie sich bei der Hebammenausbildung kennenlernen. Was sie jedoch verbindet, ist ihr Wunsch nach Freiheit und Selbständigkeit – als Flucht vor dem dominanten Vater, vor der Armut der Großfamilie oder den Schatten der Vergangenheit. In einer Zeit, in der die Welt im Kriegs-Chaos versinkt, ist die Sehnsucht nach Frieden genauso groß wie das Elend, mit dem die drei Frauen täglich konfrontiert sind. Aber sie geben nicht auf, denn sie wissen, dass sie jeden Tag aufs Neue die Chance haben, Leben zu schenken …
Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich eher zufällig entdeckt. Aber da es im ersten Weltkrieg in Berlin spielt, war meine Neugier geweckt. Insbesondere dass es um die Arbeit von Hebammen in Neukölln geht. Meine Oma wurde 1916 in Berlin geboren. Ihre Mutter war nicht verheiratet, was überall ein Skandal war, aber in Berlin nicht ganz so schlimm geächtet wurde wie in katholischen Regionen.
Das Elend in Neukölln, das damals noch nicht zu Berlin gehörte, wird im Roman sehr eindrücklich beschrieben. Der Hunger, der Dreck, die Läuse, die Enge in den Kellerwohnungen, die Kriegsversehrten an jeder Straßenecke, die Gewalt, ich war mehrfach den Tränen nahe.
Das Buch soll laut Nachwort der Autorin auf die Wichtigkeit und die aktuelle Lage der Hebammen aufmerksam machen. Ich fand die Beschreibungen der Schwangerschaftsvorsorge, der Geburten und der Säuglingsfürsorge sehr interessant. Leider gab es hier aber ein paar Details, die mich gestört haben. So werden z.B. ungeborene und neugeborene Kinder konsequent als "Baby" bezeichnet. Meiner Meinung nach sagte man damals "Säugling", vor allem im medizinischen Bereich. Außerdem werden die Gebärenden immer in die Rückenlage gebracht, als müsse das so sein. Ich kann mir zwar vorstellen, dass das in der Hebammenschule der Frauenklinik in Neukölln so praktiziert wurde. Aber die Hauptfigur Luise hat ihre Großmutter in Ostpreußen seit ihrer Kindheit bei ihrer Arbeit begleitet und ich denke, dort wusste man damals nichts von den "modernen Methoden", die für Ärzte und Hebammen die Arbeit rückenfreundlicher gestalten sollten. Und selbst wenn, dann hat die patente, erfahrene Oma sicher eine andere Meinung dazu gehabt. Da hätte ich erwartet, dass Luise sich mindestens wundert, wenn nicht sogar widerspricht.
Dann ist zwar immer wieder die Rede von der Sterilisation von Geräten, aber nicht ein einziges Mal wäscht sich jemand die Hände, bevor der Muttermund abgetastet wird.
Nach der Geburt wird die Nabelschnur durchgeschnitten, das Kind wird in ein Tuch gewickelt. Aber kein einziges Mal wird beschrieben, dass das Kind an den Füßen kopfüber hochgehoben wurde und man ihm einen Klaps auf den Po gab, um den ersten Schrei auszulösen. Erst seit sich Frédérick Leboyer 1974 für die sanfte Geburt eingesetzt hat, wird das nicht mehr praktiziert.
Dazu kommen weitere Fehler, wie z.B. dass aus Rixdorf auch mal "Ritzdorf" wird. Wenn die Figuren irgendwo hin fahren, nehmen sie immer die Ringbahn, ob nach Potsdam, zur Friedrichstraße oder zum Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof). Schade nur, dass das alles keine Ringbahnhöfe sind. Dabei wäre gerade das heute so einfach zu recherchieren!
Dann wird jemand als "Frau mittleren Alters" bezeichnet, aber auf der nächsten Seite ist sie plötzlich eine "junge Frau".
Da wird ein Kind "Margarethe, nach ihrer Großmutter" genannt, aber ein paar Seiten weiter ist es die Großmutter der Vaters, also die Urgroßmutter des Neugeborenen.
Es mag sein, dass manche Menschen sagen: "ihre Schicht auf Station beginnt", aber nicht in Berlin. Und man sagt hier auch nicht: "Wir sind hier nicht in Unter den Linden."
Dass eine Hebamme mal eben ein Foto der Familie macht, wundert mich dann auch nicht mehr. (Gebt doch mal "Fotoapparat 1918" in die Suchmaschine Eures geringsten Misstrauens ein und schaut Euch die Bilder an. So ein Gerät hat man nicht mal eben ohne Vorkenntnisse benutzt.)
Das ist so schade, denn das Buch wäre nicht nur in Bezug auf die Lage der Hebammen wichtig, sondern der Umgang mit der spanischen Grippe ist eine wunderbare Parallele zur aktuellen Corona-Pandemie.
Ein ordentliches Lektorat und Korrektorat wäre hier extrem wichtig gewesen.
Tipp:
Die ersten 16 Seiten gibt es als Leseprobe.
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