Dieser Sammelband wird leider nicht mehr verlegt, ist aber noch gebraucht zu haben. Damit der Beitrag hier nicht so nackt aussieht, habe ich dieses Bild gemalt. Coverbilder der aktuellen Ausgaben gibt es beim Schneider-Verlag.
Diesen Sammelband hat mir meine Mutter geschenkt, als ich 13 Jahre alt war. Internatsgeschichten liebe ich schon mein ganzes Leben. Von "Hanni & Nanni" habe ich ja neulich schon geschrieben. Dolly kannte ich damals noch gar nicht, habe den Sammelband aber sogleich verschlungen und seither immer wieder. Die Figuren sind ähnlich wie bei Hanni und Nanni, es gibt eine würdevolle Direktorin, diesmal sogar zwei verschrobene Französischlehrerinnen, ein freches Mädchen, ein verwöhntes, eingebildetes Mädchen, ein französisches Mädchen, das nicht gern Sport macht, aber toll nähen kann usw.
Der Anfang ist anders als bei Hanni und Nanni: Dolly ist auf sich allein gestellt, als sie nach Möwenfels auf's Internat kommt und sie will gern eine Freundin finden. Im Gegensatz zu den dickköpfigen Zwillingen freut sie sich auch auf die neue Schule: eine alte Burg, die direkt am Meer liegt und sogar ein in den Fels gehauenes Schwimmbad hat. Da wäre ich auch gern zur Schule gegangen!
Heute denke ich, dass man noch mehr aus der Burg hätte machen können, denn da gibt es doch bestimmt Geheimgänge, Verliese und alte Sagen, von den Gespenstern mal ganz abgesehen. Schade, dass Enid Blyton nicht auf diese Idee gekommen ist. Die Geschichten "Hanni und Nanni im Geisterschloss" und "Hanni und Nanni suchen Gespenster" wurden ja später von deutschen Autoren geschrieben. Vielleicht dachte Enid Blyton, dass reine Mädchen-Geschichten nicht in eine solche Kulisse gehören? In den Abenteuern der "Fünf Freunde" erleben zwar auch die Mädchen Georgina und Anne spannende Abenteuer in Burgen, Ruinen, Höhlen etc., aber Anne hat eigentlich immer nur Angst, während George sowieso lieber ein Junge sein will und die Abenteuer an der Seite ihrer zwei Vettern besteht.
Abenteuer, Burgen und Internat, diese drei Themen hat ja Oliver Hassencamp mit der "Schreckenstein"-Reihe bereits verbunden, allerdings sind das reine Jungengeschichten, die zudem noch heftige Mobbing- und andere unakzeptable Tendenzen haben. Mädchen kommen da nur in Form von albernen Gänsen aus der Nachbarschule vor, denen man(n) vor allem Streiche spielt. Wunderbar hingegen ist es J.K. Rowling gelungen, mit "Harry Potter" eine Internatsgeschichte zu schreiben, die auf einem geheimnisvollen Schloss spielt und in der Mädchen und Jungen gleichermaßen und gleichberechtigt Abenteuer bestehen. Aber ich schweife ab...
Nur die ersten sechs Bände wurden wirklich von Enid Blyton geschrieben, sie erzählen Dollys Oberschulzeit vom Anfang bis zum Abschluss. Die weiteren Bände hat Tina Caspari für den deutschen Markt geschrieben: Dolly geht auf die Schwesterschule der Burg, das sogenannte Möwennest und lernt dort z.B. Hauswirtschaft und Steno. Danach geht sie als Erzieherin nach Möwenfels zurück, wird später Hausmutter und am Ende sogar Direktorin (Band 18 "Sag ja, Dolly!" fehlt leider in meinem Sammelband). Nebenbei heiratet sie und bekommt ein Kind, damit ist sie die einzige mir bekannte Hauptfigur einer Mädchenbuchreihe, die eine berufstätige Mutter ist!
Ich finde sehr schön, dass man erfährt, was nach dem Schulabschluss weiter passiert. Bei Hanni und Nanni habe ich mich immer gefragt, was sie als Erwachsene wohl erleben würden, ebenso bei den Fünf Freunden. Da gibt es ja immerhin "Fünf Freunde für alle Fälle", eine Zeichentrickserie über die Kinder von George, Anne, Dick und Julian.
Schön ist bei Dolly der Perspektivwechsel, den Dolly auf ihrem Weg vom kleinen Mädchen hin zur Erzieherin und Mutter erlebt. Sie geht in der Erziehung neue Wege und fordert z.B. ihre Schützlinge auf, zu Olivia nett zu sein, obwohl diese so verwöhnt und eingebildet ist. Tatsächlich wird aus Olivia ein nettes Mädchen und damit ist hoffentlich Schluss mit dem ewigen Mobbing, das so typisch für Enid Blytons Geschichten ist. Danke, Tina Caspari!
Und Danke, Mama!