Es ist der 5te und
Frau Brüllen fragt wie jeden Monat:
"Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?"
Prolog:
Es ist der letzte Ferientag. Wir packen die Schultaschen und besprechen den morgigen Tag. Ich frage K1, ob wir zusammen K2 zur Schule bringen sollen oder ob K1 morgens allein zuhause bleiben will, um dann später von hier aus zum Gymnasium loszugehen. "Ich steh früh mit euch auf und gehe mit zur Grundschule. Ich stelle meinen Wecker sogar auf 6:50 Uhr, damit ich einen Vorsprung habe!" Dann sage ich noch, dass K1 das Handy aufladen soll.
02:00
Ich wache auf und mir fällt ein, dass ich unbedingt noch Apfelsaft für die Einschulungsfeier der fünften Klassen am Gymnasium am Dienstag kaufen muss. Ich gehe in die Küche und schreibe "Apfelsaft" auf den Einkaufszettel.
05:30
Mein Mann steht auf. Ich höre ihn im Bad und in der Küche rödeln. Irgendwann klappt die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss.
07:00
Mein Wecker klingelt. So früh aufzustehen ist für mich echt eine Qual. Und ab morgen muss ich immer sogar noch eine Stunde früher raus. Ich gehe ins Bad und höre, wie K2 aufsteht.
07:10
K1 regt sich noch nicht. Ich gehe nachschauen. K1 pennt. Der Wecker ist aus. Na, das fängt ja gut an. Ich wecke K1 und gehe in die Küche. Kaffee, ich brauche Kaffee! K2 sitzt im Schlafanzug am Esstisch und futtert Müsli.
07:25
Ich schaue nach K1. Das Bett ist leer. Na immerhin. Ich schau im Bad. Da sitzt K1 auf dem Klo. ich bitte um etwas Beeilung.
07:30
K1 kommt im Schlafanzug in die Küche, nimmt sich Müsli und beginnt zu mampfen. Ich schneide Brot in Scheiben.
07:35
K2 zieht sich an, packt die Brotbox, füllt die Trinkflasche. Ich gehe mich auch anziehen. K1 beschließt, noch eine Stulle zu essen.
07:45
K2 geht sich die Zähne putzen, Haare kämmen und Ohren waschen. Ich bitte K1 sich anzuziehen. Ich frage, ob das Handy geladen ist. "Das kann ich dir gleich sagen", ist die Antwort. Was heißt das jetzt? Hat K1 das Handy geladen oder nicht?
07:55
K1 ist jetzt angezogen. Ich frage nach dem Handy. Ach ja, das sei geladen. Und in der Schultasche. Jetzt muss K1 noch die Flasche füllen und die Brotbox packen. Die Frage, welches Obst oder Gemüse heute genehm ist, muss mehrere Minuten überlegt werden. Ein Apfel soll es sein.
08:00
K2 zieht sich schon die Schuhe an. K1 grübelt noch, welches Messer und welches Brett die beste Wahl zum Apfelschneiden wären. Um dann beim Schneiden theatralisch festzustellen: "Ich kann das nicht! Das ist mir zu schwierig!"
Ich bleibe ruhig und frage, ob K1 jetzt mitkommen will zur Grundschule oder nicht. K1 will nicht mitkommen. Bin ich froh, dass K1 inzwischen groß genug ist, um auch mal allein zuhause zu bleiben. K2 und ich gehen zur Grundschule. Ich gehe heute ausnahmsweise mit, weil K2 neben dem vollen Schulranzen noch eine große Einkaufstasche voll Ablagekörben, Küchenrolle, Taschentücher, Malerkittel etc. tragen muss.
08:15
Ankunft Grundschule. K2 zickt und zappelt herum. Wir stellen fest, dass wir nicht nur selber sehr aufgeregt sind, sondern auch die Aufregung der Kinder und Eltern um uns herum deutlich spüren. Ich bespreche mit K2, dass das für uns Empathen normal ist, wir aber unterscheiden müssen zwischen unseren eigenen Gefühlen und denen der anderen. Sofort ist K2 wieder mein Sonnenschein. Dann plaudern wir noch mit einigen anderen Kindern und deren Eltern, bis wir ins Schulgebäude gehen können.
08:25
Wir finden das Klassenzimmer und begrüßen die neue Klassenlehrerin. K2 hat sich einen schönen Sitzplatz ausgesucht, in der Mitte der zweiten Reihe. K2 ist eher extrovertiert. Ich als introvertierter Mensch hätte mich nie freiwillig so hingesetzt, sondern immer eher an den Rand, gern auch ganz hinten, wo ich nicht so von den Mitschüler*innen gesehen werde, aber alle anderen gut sehen kann.
08:30
Ich gehe Apfelsaft und noch ein paar andere Lebensmittel einkaufen.
An der Kasse reiße ich die Kassiererin mit einem fröhlichen "Einen wunderschönen guten Morgen!" aus ihrer stumpfen Routine. Sie reagiert freudig überrascht und wünscht mir noch einen zauberhaften Tag.
08:40
Als ich die Wohnungstür öffne, begrüßt mich K1 fröhlich kauend. "Plötzlich war es ganz einfach, den Apfel zu schneiden und es ging ganz schnell. Deshalb esse ich ihn jetzt sofort auf." Tja, manchmal platzt so ein Knoten von ganz allein. K1 packt die Schultasche fertig, checkt die Außentemperatur und beschließt, dass bei 20°C keine Jacke nötig ist. Dann noch einmal aufs Klo, Haare kämmen, Ohren waschen und Zähne putzen.
08:55
K1 verlässt gut gelaunt das Haus. Ich reiße alle Fenster auf, mache die Betten, sammle die Wäsche ein und sortiere sie in die Wäschebank. Dann räume ich die Küche auf und die Spülmaschine ein, bringe den Müll raus.
10:00
Kaffeepause. Ich setze mich an den Rechner und sehe, dass es ein wichtiges Systemupdate gibt. Also schließe ich die Backupplatte an, um meine Daten zu sichern. Nebenbei lese ich meine E-Mails. Dann starte ich das Update und gehe in den Garten, um das Grünzeug zwischen den Steinplatten rauszukratzen.
12:30
Ankunft K2. Schule war mal wieder schön. Ich bin ja immer sehr erstaunt, wie gut meinen Kindern die Schule gefällt. Natürlich freue ich mich, aber meine eigene Schulzeit habe ich halt eher als lästig in Erinnerung. Ich lasse mir von Lehrer*innen und Mitschüler*innen erzählen. Einen Stundenplan gibt es noch nicht.
Eigentlich sollen die Kinder in der Schule zu mittag essen, weil das seit heute für alle Berliner Kinder der ersten sechs Klassen kostenlos ist. Das hatte K2 vergessen. Mal abwarten, wie das bei K1 ist.
13:00
K2 sitzt mit dem Atlas am Tisch und schreibt einen Eisenbahnfahrplan für die Strecke Paris-Prag. Ich falte Wäsche und räume sie weg.
14:00
Ankunft K1. Gymnasium war auch schön. Leider wusste K1 nicht, wo es das Mittagessen gibt. Als es die Essensausgabe gefunden hatte, gab es nichts mehr zu essen. Ich frage meinen Mann am Chat, ob er zu mittag gegessen hat. Ja, hat er. Also müssen wir ihn nicht berücksichtigen. Ich lasse die Kinder wählen und sie entscheiden sich für kalte Küche. K1 hat schon einen Stundenplan, den ich mir gleich abschreibe und an die Wohnungstür hänge.
15:00
Die Kinder gehen zur Apotheke, um sich die "Medi Zini" für August zu holen. Dann bauen sie eine Seilbahn aus Fischertechnik, während ich hier schreibe.
16:00
Seit heute dürfen Berliner Schulkinder quasi kostenlos mit dem ÖPNV fahren. K2 will jetzt eine Stadtrundfahrt machen. K1 will mitkommen. Ich handle sie runter auf "mit unserem Bus bis zur Endstation und zurück". Die Kinder stecken ihre Fahrkarten ein (ja, auch wenn es kostenlos ist, muss man sich ein Ticket besorgen), K1 schaltet das Handy ein und steckt es in die Tasche. Als die Kinder losgehen, kommt mein Mann nach Hause. Wir sinken auf das Sofa und genießen die Stille.
16:45
Die Kinder sind wieder da. Sie gehen direkt in den Garten, um noch eine Runde auf dem Trampolin zu hüpfen. Ich lese die letzten zwei Ausgaben der Zeitung meiner Alma Mater. Mein Mann vergnügt sich an seinem Rechner mit dem o.g. Backup und Update.
17:00
Die Kinder kommen wieder rein, räumen ihr Zeug vom Esstisch und essen zu abend.
17:30
Die Kinder machen sich bettfertig. Ich darf Ohren kontrollieren ("Ohren-Trolle nachschauen") und Zähne nachputzen ("nachpupsen"). Anschließend machen die Kinder mit Papa "Abendprogramm": je 30 Minuten am iPad spielen oder Filmchen gucken. Ich setze mich an die Nähmaschine und repariere ein Wäschenetz.
18:30
Die Kinder spielen jetzt noch zusammen, während wir Eltern je eine Folge Gortimer Gibbon und American Housewife gucken.
19:45
Mein Mann guckt noch einen Berg-Film, während ich den Garten gieße.
20:00
Die Kinder sollen jetzt in die Betten gehen. Dort dürfen sie noch eine halbe Stunde lesen. K1 legt sich direkt ins Bett. K2 sucht den Tolino, den wir aus der Bücherei ausgeliehen haben. Angeblich war das Teil zuletzt in der Stofftasche am Bett. Dort ist es aber nicht.
20:20
Nachdem das Schimpfen von K2 sich in verzweifeltes Weinen gewandelt hat, das plötzlich abbrach, ging ich mal nachschauen. Da saß K2 im Bett mit dem Tolino in der Hand. Auf meine Frage, wo der denn nun war, sagte K2 wütend: "Auf dem Fensterbrett!"
Na immerhin ist das Gerät wieder da.
20:25
K1 hat den Zauberquader (2x2x4) gelöst und muss mir unbedingt zeigen, wie das geht. Ich schaue aufmerksam zu, bin aber von der Dreidimensionalität komplett überfordert.
20:30
Ich sage K1 "Gute Nacht!" und gehe dann zu K2. K2 hat Heimweh nach den Bergen und Seilbahnen. Ich tröste und beruhige das Kind, so gut ich kann, lenke es mit der Kuschelkatze und Küsschen ab.
20:45
K2 weint, weil die Berge und Seilbahnen so weit weg sind. Wir kuscheln noch eine Weile und reden über starke Gefühle wie Liebe und Sehnsucht, bis es wieder gut ist. Ich kann das so gut verstehen, allerdings ist es bei mir die Liebe zum Meer. Ich könnte immer mitweinen, weil mir die Nordsee so fehlt.
21:00
Noch den Rest hier schreiben und dann ab ins Bett. Gute Nacht!