Freitag, 8. März 2013

Der Porsche und der internationale Frauentag

Passend zum Datum habe ich heute mit meiner Schwiegermutter über Feminismus und Sexismus diskutiert. Sie findet das nämlich alles übertrieben. "Wenn eine Frau einen tiefen Ausschnitt trägt, dann will sie doch auch, dass man(n) dort hin schaut." Ja, Lieblingsschwiegermama, wenn es denn so einfach wäre. Tiefe Ausschnitte lassen sich vermeiden, ich persönlich trage sie schon lange nicht mehr. Aber auch ich hatte leider schon Arbeitskollegen, die mir bei jedem Arbeitsgespräch ununterbrochen auf die Brust geglotzt haben, obwohl ich einen dicken Pullover oder einen Laborkittel anhatte! Ich habe nichts gegen einen gelegentlichen Blick oder ein Kompliment. Aber alles hat seine Grenzen. Und wenn ich diese Grenzen ziehe, muss sie mein Gegenüber akzeptieren. Das ist wie bei einem Gartenzaun.

Mir fiel dabei ein Vergleich ein, den sicher auch sehr primitive Männer verstehen:
Wenn Du einen Porsche hast und damit durch die Gegend fährst, dann hast Du sicher nichts dagegen, wenn die Leute Dein Auto ansehen und es bewundern, Dir sogar Komplimente machen. Aber Du willst nicht, dass jeder es anfasst oder sich sogar ohne Erlaubnis einfach hineinsetzt. Wenn die Leute Dich nur noch als "den Porschefahrer" kennen und nicht als den zuverlässigen Freund, guten Elektriker oder liebevollen Vater, dann findest Du das sicher auch bald blöd. Wenn Du mit jemandem ein Gespräch über Deine Arbeit führen willst, dann willst Du nicht, dass Dein Gegenüber immer wieder das Gespräch auf den Porsche lenkt und andauernd fragt, ob er damit mal fahren darf.

So, und jetzt stell Dir mal vor, Du keinen Porsche, sondern Brüste! Die kannst Du leider nicht zuhause lassen, sondern die sind immer bei Dir. Egal, wie Du sie verpackst, Dir wird drauf geglotzt, sie werden betatscht und Du wirst darauf reduziert. Nicht von jedem Mann und nicht jede Sekunde, aber schon täglich einmal  kann auf Dauer wirklich ätzend sein.

Brüste sind also ein wenig wie ein Porsche: Eine schöne Sache, wir wollen sie nicht missen. Wir wollen Spaß damit haben und laden gern einen Spielkameraden unserer Wahl ein, sich daran zu erfreuen. Aber wenn wir gerade mal nicht wollen, dann ist ein Nein eine klare Grenze, egal ob wir sie mit Worten, mit einer Jacke oder mit einem vorgehaltenen Buch ziehen. Ende der Debatte!

5 Kommentare:

  1. Wir alle - Männer wie Frauen - wissen doch ganz genau, was ein Kompliment ist, was ein Flirt ist und was übergriffige Unverschämtheiten sind. Die Männer wissen es vielleicht sogar noch besser, als sie zugeben. Sie kennen den Unterschied zwischen 'schwülstiger oberflächlicher billiger Anmache' und Angabe vor den Kumpels in großer Gruppe - und dem wahrem Interesse an einer Frau, die sie wirklich kennenlernen wollen.

    Bei Sexismus geht es niemals um Sex, es geht immer um Macht und darum, den anderen zu unterjochen, zu beschämen und in die Ecke zu drängen. Das hat niemals etwas mit dem tiefen Ausschnitt oder dem kurzen Rock zu tun, denn auch Frauen mit Hosen, weiten Pullovern und ohne Make up passiert es genauso häufig, die Taktik ist nur eine andere.. denen wird dann beispielsweise statt einem sabberndem Kommentar oder Pfiff solches Zeug an den Kopf geknallt wie 'ich kann ja nix dafür, dass Du ne alte Jungfer / frigide / chronisch untervögelt bist' Auch das ist Sexismus.

    Sexismus findet nicht nur in freier Wildbahn statt, sondern auch beispielsweise im Internet. Es geht immer darum, den anderen aufgrund seines Geschlechts herabzusetzen, das machen Männer in Foren und in sozialen Netzwerken genauso wie am Arbeitsplatz, beim Sport und im Baumarkt.

    Sich darüber beim Vorgesetzten aufzuregen, demjenigen eine gewaltige Standpauke zu halten oder ihm vor's Schienbein zu treten ist aber leider selten eine befriedigende Lösung. Es gibt dem Gegenüber noch mehr Energie und Aufmerksamkeit - und genau das wollen die ja! Viel mehr Erfolg haben wir, wenn wir eine innere Haltung einnehmen, die solche Typen einfach abrutschen lässt. Das sorgt nicht nur für unseren Frieden, sondern wirkt präventiv: Wenn Du wie eine Königin (also würdevoll und klug, mit geradem Rücken und voll in Deiner inneren Mitte - nicht arrogant, künstlich distanziert oder herablassend) auftrittst, wird sich kein Hofnarr wagen, Dir ans Bein zu pinkeln. ;-)) Einfach mal ausprobieren, es lohnt sich.

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  2. Manchmal hilft auch ein bisschen (deftiger) Humor. Ab 2:15 referiert Frau Kebekus über die Sexismus-Debatte, Tupperdosen zum Anschrauben und den 'Beifang' in weiblichen Ausschnitten: http://www.youtube.com/watch?v=o1JQ3cf5X3Y

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  3. Liebe Anna,

    Danke für Deine Tipps. Schreib doch mal auf Deinem Blog darüber, ich fürchte, hier im Kommentar geht das unter. Und es gibt bestimmt noch mehr Menschen, die das lesenswert finden.

    Aber wer hat eigentlich den Unsinn verbreitet, dass "wir alle" doch ganz genau wissen, wo die Grenze zwischen flirten und belästigen ist? Das Beispiel mit meiner Schwiegermutter zeigt doch ganz deutlich, dass manche Menschen gar nicht verstehen, worum es in der Sexismus-Debatte genau geht. Und das wollte ich mit dem Porsche-Vergleich verdeutlichen.

    Übrigens haben wir doch beide erlebt, dass selbst die beste Königinnenhaltung nicht schützt, als mir im Krankenhaus dieser eklige Pfleger mit Blick auf Deine Zöpfe zuraunte, dass er auf Pippi Langstrumpf steht. Mich hat die Situation verunsichert. Was wollte der? Mich verunsichern? Oder Dich kennenlernen? Ich kann das halt selbst manchmal nicht einordnen. Aber dieser Typ hat sich vorher bestimmt nicht überlegt: "Diese beiden Frauen werde ich jetzt mal erniedrigen" oder "Die Frau gefällt mir, das werde ich jetzt mal sagen." Nö, der hat Deine Zöpfe gesehen, musste an Pippi Langstrumpf denken und wollte einen "coolen Spruch" machen. Da ging der Befehl direkt vom Sehzentrum ans Sprachzentrum, vielleicht mit Umweg über sein Genital.

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    1. Der Typ im Krankenhaus hat bestimmt nicht vorher eingehend überlegt, aber das machen die wenigsten, bevor sie reden ;-)

      Ich war auch in diesem Augenblick sicherlich nicht königinnenhaft unterwegs, was wohl an der insgesamt schwierigen Situation lag, in der ich mich auch nicht komplett in meiner Mitte fühlte. Allerdings habe ich das Ganze ja gar nicht mitbekommen und dementsprechend hat es mich auch kaum aufgeregt oder nachhaltig beschäftigt, der hat mich auch nicht wirklich beleidigt (egal, ob ich das jetzt lustig, blöd oder sonstwie fand, es war für mich ziemlich unwichtig).. Wie auch immer. Was ich damit eigentlich nur sagen wollte: Es geht darum, wie wir durch die Gegend gehen, was uns trifft und was eben nicht, und unsere innere Haltung dazu bestimmen wir (mit etwas Übung) selbst. Es ist so was wie actio und reactio, und das setzt sich immer in der nächsten und übernächsten Situation fort. Ich finde es relativ schwer, das hier so zu erklären, das geht immer im persönlichen Gespräch etwas besser.

      In meinem verwaisten und vernachlässigten Blog hätten so viele Themen mal einen Platz verdient, das stimmt. Irgendwann muss da mal dringend Staub gewischt werden. Meine Kommentare hier sind immer von Deinen interessanten Beiträgen inspiriert, sollte da mal was dabei sein, das Du zu viel oder unpassend findest, lass sie einfach weg, ist okay so :-)

      Hoffe, Ihr seid alle wieder gesund und munter und habt einen schönen Sonntag!

      Viele Grüße
      Anna

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  4. Ach so, und auf Deine obige Frage, woher denn das käme, dass es 'doch eigentlich jeder wisse': Es ist etwas, das wir doch intuitiv ziemlich deutlich spüren. Es gibt den Blick in den Ausschnitt, den wir gut finden, und den, den wir ätzend finden. Das kommt auf die Situation an, auf die Stimmung, eben auf etwas sehr individuelles. Daher lässt sich auch nicht eindeutig beantworten, was ein Mann tun 'darf' und was nicht. In jedem Fall sollte man sich auf sein Gefühl verlassen und auch (besonders für sich selbst) deutlich machen, wenn man etwas als nicht angemessen empfindet.

    Das wird vielleicht doch auch Deine Schwiegermutter oder jede andere Frau kennen, dass manche Sprüche beschämend sind und ganz ähnliche Worte in einer anderen Situation völlig okay oder auch lustig sein können. Kommt eben auf das an, was (meist unbewusst) damit transportiert wird.

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