Montag, 30. März 2015

Stoffspielerei: Seltene Techniken


Im Nachlass meiner Mutter befand sich eine Kiste mit einem Teppichknüpfset, das sie vermutlich in den frühen 80er Jahren oder noch davor gekauft haben muss. Denn zum Einen lag dieses Set immer im Keller oder auf dem Dachboden, solange ich mich erinnern kann. Zum Anderen schreien es die Farben ganz deutlich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass meine Mutter keine Herbstfarben mochte (jedenfalls nicht bei Textilien).


Jedenfalls nahm ich die Stoffspielerei im März als Anlass, um mich endlich mal mit diesem Set zu beschäftigen. Der Rand des Stramins war schon ein Stückchen umnäht, aber mir gefiel weder das kratzige Material noch die Farbe. Außerdem waren schon ein paar Fäden geknüpft, aber so durcheinander hatte das was von Erbsensuppe. Also zuerst einmal alles auseinandernehmen.


Den Rand habe ich mit schwarzem Garn umhäkelt und dabei an den Ecken angefangen.


Dann habe ich die Seiten umhäkelt. Das allein hat schon einige Stunden gedauert und danach brauchten meine Hände eine lange Pause.


Die Knüpffäden sind in solchen Päckchen gebündelt mit jeweils 500 Stück gleicher Farbe.


Sie sind aus 60% Wolle und 40 % Nylon. Dass sie wirklich "moth proofed" sind, erkennt man daran, dass sich in all den Jahrzehnten keine Motte daran gütlich getan hat.


Manche der Farben finde ich sehr schön, andere weniger. Aber wahrscheinlich ist das wie beim Fair Isle Stricken, in die Mischung muss immer auch wenigstens eine Ekelfarbe.


Ich hätte mich jetzt natürlich hinsetzen und ein Bild oder ein abstraktes Muster entwerfen können, aber mit Streifen kann man ja nicht viel falsch machen. Nachdem ich die Farben eine Stunde lang hin und her geschoben habe, fand ich diese Reihenfolge am besten. (Es sind drei Päckchen helleres Orange und eins in dunklerem Orange. Leider sieht das hier gleich aus.)


Wie man knüpft, hat mir meine Mama in den 80ern beigebracht. Damals gab es manchmal bei ALDI (?) solche Sets für Knüpfkissen mit Tiermotiven (Ich hatte z.B. eins mit Elefant). 
Und los geht's: Den Knüpfhaken unter einem Straminsteg durchschieben und das Häkchen öffnen. Mit etwas Übung passiert das automatisch.


Einen Faden unter den Griff legen.


Die beiden Enden zusammen fassen


und über das Häkchen legen.


Den Knüpfhaken ziehen, dabei schließt sich automatisch das Häkchen.


Weiter ziehen, es bildet sich ein Knoten.


Echte Streber knüpfen so, dass beide Enden eines Fadens gleich lang sind.


Man beginnt natürlich nicht mitten auf dem Stramin, sondern am Rand.
So, nun das ganze nur noch 13.706 Mal wiederholen, dann habe ich bald einen 125 x 72 cm großen Teppich. Das wird zwar wahrscheinlich ein paar Jahre dauern, aber dann werde ich einen Wollteppich haben, der ohne Kinderarbeit gefertigt wurde. Ich werde ihn stolz unter meinen Nähtisch legen, damit er mir im Winter beim Nähen die Füße wärmt. Außerdem ist das die einzige Stelle, wo niemand darauf herumtrameln wird, womöglich noch mit Schuhen...

Vielen Dank an Suschna! Sie hatte die Idee zu diesem Thema und bei ihr findet Ihr die Verlinkung zu den anderen Beiträgen der März Stoffspielerei.



6 Kommentare:

  1. Oh super, kennt man ja eigentlich nur aus alten Handarbeitsbüchern. Hätte jetzt auch nicht gewusst, wie das hält und dass man dieses Werkzeug dafür benutzt. Die Erbensuppenfarben sind auch noch aus England, alles korrekt. Vielen Dank für die Wiederbelebung des Teppichsets, und warme Füße dir dann irgendwann mal!

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  2. Endlich weiß ich, wie so ein Knüpfhaken funktioniert!

    Meine Mutter hat damals sogar ganz drei Teppiche selbst geknüpft (wo ich das jetzt bei dir sehe, habe ich noch nachträglich Hochachtung für die Arbeit...), das muß aber schon in den 70ern gewesen sein... Schon interessant, wie diese Handarbeitsmoden kommen und gehen.
    Ich wünsche dir viel Spaß und Ausdauer beim Knüpfen, dein Streifenteppich wird bestimmt schön.
    LG
    Marlene

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  3. Und wenn Du fertig bist und dir langweilig wird - bei Junghans gibts tatsächlich noch immer solche Knüpfsets ;-)
    Sogar mein Mann hat als Kind mal ein Pferdekissen geknüpft und meine Oma einen Wandbehang. Also viel Spaß beim meditativen Knüpfen.
    LG
    schmiedin

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  4. Hehe- bei uns ist sowas vor ein paar jahren in den Ferien in Kinderarbeit entstanden. Meine Kids hatten bei den Großeltern ohne Internetanbindung derart Langeweile, dass sie einen kleinen Teppich geknüpft haben.
    Schön, dass du das mal so gezeigt hast, das war gerade ein Flashback......

    (Und die Farben finde ich schön! )

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  5. Auweia! Ja, das kenn ich. Ich hab vor Urzeiten auch mal einen Pferdepolster geknüpft (oder war's ein Hundekopf)? Lang ist's her. Jedenfalls gibt's die Nadel noch in meinem Nähkästchen. Viel Erfolg und Durchhaltevermögen für den Teppich!

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  6. Mitte der 70iger Jahre knüpfte ich in der Schule ein Kissen 25 x 25 cm in orange und braun, genau mit dieser Technik, es hat gedauert und gedauert... Das Kissen hat meine Mutter heute noch.
    herzlich Judika

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