"Zimtsterne im Schnee" von Birgit Gruber ist eine "Enemies to lovers"-Story. Dagegen habe ich nichts. Allerdings sind mir die beiden Hauptfiguren nicht sympathisch. Sie objektifizieren sich ständig gegenseitig, obwohl sie sich nicht ausstehen können. Patrick strotzt nur so von toxischer Maskulinität. Er hat sogar ernsthaft Angst um seine Männlichkeit, weil er zur Zwischenmiete in einem WG-Zimmer wohnt, das sehr verspielt in Rosa mit Rüschen eingerichtet ist. Ich sehe das so: Wenn er unbedingt Chrom und Leder braucht, um ein echter Mann zu sein, dann ist er sowieso keiner, egal in welcher Umgebung. Sie hingegen ist extrem tolpatschig und stolpert von einer Slapstickeinlage in die nächste. Ihre Ausgangssituation, dass sie als Konditorin unter Bäckerasthma leidet, fand ich eigentlich sehr interessant. Aber sie ist leider völlig planlos, welchen Beruf sie nun ergreifen will. Sie bezeichnet sich als sehr kreativ, aber andere kreative Berufe in Betracht zu ziehen, dafür reicht es nicht. So groß ist ihre Kreativität wohl doch nicht. Und als sie ihr Mittagessen in den Müll wirft, anstatt es in den Kühlschrank zu stellen, nur weil ihr der Appetit vergangen ist, habe ich das Buch nach etwa einem Drittel abgebrochen. Es ist mir wirklich egal, ob und wie die beiden sich nun kriegen oder nicht.
"Frau Ella" von Florian Beckerhoff klang eigentlich ganz interessant: Ein junger Mann und eine alte Frau teilen sich im Krankenhaus ein Zimmer (gibt es sowas überhaupt?). Aber als der junge Mann, der nach einem Unfall einen Brillenbügel im Auge hatte (aua!), ernsthaft darüber grübelte, ob er in diesem Zimmer in Ruhe onanieren kann, während seine Bettnachbarin im Schlaf vor sich hin furzt, habe ich die Lektüre abgebrochen. Das ist einfach nicht mein Humor.
"Ungleich vereint - Warum der Osten anders bleibt" von Steffen Mau klang vom Thema her sehr interessant. Aber für ein angeblich populärwissenschaftliches Buch enthält es für mich zu viel Fachchinesisch und komplizierte Formulierungen.
Beispiel: "Bedenkt man, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der innerfamiliale Transfers durch Schenkungen und Erbschaften wesentlich für den Vermögensaufbau sind, steht nicht zu erwarten, dass sich diese Ungleichheiten über die Zeit nivellieren könnten." Ich bin intelligent und gebildet genug, um zu verstehen, was damit gemeint ist. Aber ich verstehe nicht, warum man das so formulieren muss. Es ärgert mich. Denn es ist einfach nicht nötig. Es schließt viele Menschen als Leser aus, denen Begriffe wie "nivellieren" nicht geläufig sind. Und nach meiner Erfahrung machen das Autoren (absichtlich nicht gegendert!), um besonders wissenschaftlich und gebildet zu wirken und dafür bewundert zu werden. (Man könnte es auch Angeberei nennen.) Dabei ist doch die Kunst, Texte so zu formulieren, dass sie korrekt und gleichzeitig gut zu verstehen sind.